Statik in der Veranstaltungstechnik
Nachdem viele technischen Regelwerke mit Bezug zur Statik in der Veranstaltungstechnik im Zuge der europäischen Harmonisierung aktualisiert wurden und in mehreren Bundesländern eine Novellierung der Landesbauordnung durchgeführt wurde, ist es aus unserer Sicht mal wieder Zeit, über den Stand der Dinge bezüglich der rechtlichen Grundlagen zu informieren.
Von Frank Bastians, Jan Keppler, Stefan Krasenbrink, Ralf-Harald vom Felde
Beziehen wollen wir uns dabei sowohl auf Konstruktionen, die unter das Baurecht fallen (vornehmlich Outdoor-Konstruktionen), als auch auf Indoor-Anwendungen, für die in der Regel kein Bauantrag gestellt wird. Da das Thema sehr umfangreich ist, soll dieser erste Teil zunächst einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen verschaffen. In den folgenden Ausgaben werden wir dann auf Themen wie „Fliegende Bauten“ und Anforderungen aus den Unfallverhütungsvorschriften genauer eingehen.
Grundlagen – Baurecht im Rahmen der Veranstaltungstechnik
Zentrale rechtliche Grundlage bildet hier weiterhin die Landesbauordnung. In der Bauordnung wird geregelt, welche Konstruktionen überhaupt unter das Baurecht fallen. Zum Beispiel sind in den neuesten Fassungen der Landesbauordnungen Messestände in Messe und Ausstellungsgebäuden explizit von der Bauordnung ausgenommen. Darüber hinaus wird zwischen verfahrensfreien und genehmigungspflichtigen Bauten unterschieden.
Für die Veranstaltungstechnik von besonderer Bedeutung sind da die Fliegenden Bauten und hier insbesondere die Grenze von 5 m Bauhöhe, oberhalb derer ein Fliegender Bau ausführungsgenehmigungspflichtig wird und somit ein Prüfbuch benötigt wird. Wenn man beim Thema Fliegende Bauten bleibt, sollte man auch die folgenden Regelwerke erwähnen:
1. Die Richtlinie über den Bau und Betrieb Fliegender Bauten (FlBauR)
2. Verwaltungsvorschriften über Ausführungsgenehmigungen für Fliegende Bauten und deren Gebrauchsabnahmen (FlBauVwV)
Die FlBauR enthält konstruktive und betriebliche Vorgaben, die zum Beispiel den Brandschutz , die Breite und Anzahl von Rettungswegen oder die Abmessungen von Geländern und Treppen betreffen.
Die FlBauVwV beschäftigt sich mehr mit den formalen Voraussetzungen, die man erfüllen muss, um ein Prüfbuch zu bekommen und auch zu behalten. Auf das ganze Thema Fliegende Bauten werden wir aber in der folgenden Ausgabe des VPLT-Magazins noch genauer eingehen. (Anm. d. Red.: Magazin 2I19)
Unabhängig davon, ob eine Konstruktion unter die Landesbauordnung fällt oder sie genehmigungspflichtig ist oder nicht, es gelten §3 und §12 für alle Konstruktionen: Sie müssen sicher sein, und dazu müssen die allgemein anerkannten Regeln der Technik beachtet werden. Dazu eine Übersicht der wichtigsten Normen, Unfallverhütungsvorschriften und Leitfäden:
Normen
Eine Übersicht der gültigen Normen findet sich in der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen des jeweiligen Bundeslandes. Beispielhaft wären hier zu nennen:
DIN EN 13814 (2005-05) Fliegende Bauten und Anlagen für Veranstaltungsplätze und Vergnügungsparks Hierin sind die Anforderungen an Fliegende Bauten wie zum Beispiel Verkehrslasten, horizontale Lasten für Brüstungen und Geländer und Windlasten für den In- Betriebslastfall und Außer-Betriebslastfall aufgezeigt. Die Norm beinhaltet Angaben zu Reibungsbeiwerten und Erdnägeln. Für die Berechnung werden in dieser Norm reduzierte Teilsicherheitsbeiwerte angegeben.
DIN EN 13782 (2015-05) Fliegende Bauten – Zelte Die Norm beschreibt ebenfalls die anzusetzenden Lasten für Zelte aus Wind und Schnee. Hier ist zu beachten, dass Zelte im Gegensatz zu den Fliegenden Bauten nach DIN EN 13814 auch im Betriebszustand sturmsicher sein müssen, da man davon ausgeht, dass diese bei einem Unwetter als Zufluchtsstätte genutzt werden.
DIN EN 1990 – DIN EN 1999 (Eurocodes) Die Normen beinhalten die Lastannahmen für bauliche Anlagen, die keine Fliegenden Bauten sind, sowie die Bemessungsnormen für Holz-, Stahl- und Aluminiumkonstruktionen.
Neben den Grundlagennormen existieren auch eine Reihe von Normen, die sich auf bestimmte Konstruktionen oder Bauelemente beziehen, wie zum Beispiel:
DIN EN 17115 (2018-10) Veranstaltungstechnik – Anforderungen an die Bemessung und Herstellung von Aluminium- und Stahltraversen; Deutsche Fassung EN 17115:2018 Diese Norm legt die Anforderungen an die Bemessung und Herstellung von Aluminium- und Stahltraversen fest, welche für den Einsatz in der Veranstaltungstechnik bestimmt sind.
DIN 15921:2015-09 Veranstaltungstechnik – Podeste und Zargen aus Aluminium – Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung Diese Norm legt sicherheitstechnische Anforderungen für Planung, Auswahl, Herstellung, bestimmungsgemäße Verwendung sowie Prüfung von Podesten und Zargen aus Aluminium, die als Podeste, Schrägen, Stufen und Treppen aus Aluminium einschließlich Geländern für Szenenflächen (Bühnen) und Tribünen eingesetzt werden können, fest.
DIN 56950-3:2015-12 Veranstaltungstechnik – Maschinentechnische Einrichtungen – Teil 3: Sicherheitstechnische Anforderungen an Stative und Traversenlifte Diese Norm gilt für Stative, die in der Veranstaltungstechnik und Produktionstechnik eingesetzt werden.
Vorschriften – Regeln – Informationen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
DGUV Vorschrift 17/18 Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellung Diese grundlegende Unfallverhütungsvorschrift ist wahrscheinlich noch besser bekannt unter dem Namen BGV C1. Inhaltlich hat sich hier nichts geändert, und für die praktische Anwendung sind vor allem die folgenden Schriften von Bedeutung:
DGUV Regel 115-002 Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellung In dieser Regel werden verschiedene Sicherheitsanforderungen zur Erfüllung der Schutzziele der DGUV-Vorschrift 17/18 beschrieben, insbesondere die Anforderungen an maschinentechnische Einrichtungen.
DGUV Information 215-313 Lasten über Personen In dieser Information werden Anforderungen für die Verwendung von Lasten über Personen formuliert. Auch hier wird die Eigensicherheit von Konstruktionen gefordert. Für Anschlagmittel heißt das, dass nur die halben Werte der vom Hersteller angegebenen Tragfähigkeiten ausgenutzt werden dürfen. Nur für Lastaufnahmemittel wie Traversen wird hier eine Ausnahme gemacht und es gelten die Herstellerangaben. Dazu aber auch später mehr.
Interessengemeinschaft Veranstaltungswirtschaft – IGVW-Standards
Ziel der SQ-Standards ist es, das erforderliche Qualitätsniveau von Dienstleistungen in der Veranstaltungswirtschaft zu definieren. SQ-Standards sind auf Grundlage der aktuellen Rechtslage aufgestellt und geben somit eine Übersicht auf die anzusetzenden Rechtsnormen und Anforderungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz. SQP1 Traversen Der Standard ist nicht mehr ganz aktuell, gibt aber trotzdem hilfreiche Informationen zu Anschlagarten.
SQP2 Elektrokettenzüge Dieser Standard beschreibt die Verwendung von Elektrokettenzügen. Welche Elektrokettenzügen dürfen für das Halten von Lasten über Personen und welche Kettenzüge dürfen für szenische Darstellungen verwendet werden?
SQP5 Aufstellung und Betrieb nicht ortsfester Bühnen und Bühnenüberdachungen In diesem Standard werden alle notwendigen Begriffe im Zusammenhang mit dem Betrieb ortsveränderlicher Bühnen erläutert.
Darüber hinaus werden der Verfahrensablauf für Genehmigungspflichtige Fliegende Bauten beschrieben und hilfreiche Tipps für die Praxis gegeben.
Messerichtlinien
Da Messestände in Messe und Ausstellungshallen nicht dem Baurecht unterliegen, muss man neben den obigen Regeln und Vorschriften zusätzlich auch die Messerichtlinien beachten. Dies gilt insbesondere für den Nachweis von Wänden und anderen kippgefährdeten Konstruktionen sowie Doppelstock-Ständen. Landesbauordnungen, DGUV- und IGVW-Publikationen sowie Messerichtlinien können auf den entsprechenden Seiten heruntergeladen werden. Normen muss man weiterhin käuflich beim DIN erwerben.
www.bauministerkonferenz.de
www.dguv.de
www.igvw.de
Weitere Informationen gibt es von den Autoren unter www.vom-felde.de www.krasenbrink-bastians.de
Dieser Artikel ist erschienen im VPLT Magazin 1I19
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