IPM 2018 – International Production Meeting

Wie auch in den vergangenen zehn Jahren trafen sich im März am Vortag der International Live Music Conference (ILMC) die Kollegen der technischen Produktion zum International Production Meeting (IPM) in London. Hier wurden am 6. März in vier Panels und mehreren Kurz-Sessions wieder wichtige Branchenthemen besprochen.

Angeregte Diskussion (Bild: VPLT, Falco Zanini)

So startete Andy Lenthall von der Production Services Association (PSA) das erste Panel „Rules & Regulations“ mit der Vorstellung des tschechischen Event Safety Guide, der unter www.czevent.eu erhältlich ist. In diesem wachsenden Markt wurde eine Zusammenfassung der aktuellen Regelwerke unter Mitwirkung von Branchenexperten notwendig. Die Regeln zur Koordination entsprechen nun auch dem europäischen Standard. In der Diskussion wurde herausgearbeitet, dass die bei uns aktuellen Probleme mit Freelancern, Zeitarbeit und Stagehands in Tschechien ähnlich sind. Weiteres Thema waren die untereinander stark abweichenden Regeln zu Lärmschutzauflagen. So werden in Amsterdam z.B. 85 db(C) am nächsten Haus verlangt, wohingegen in Australien die Regeln teilweise so kompliziert erscheinen, dass sie nicht realistisch umsetzbar sind.

Alle, die der Meinung sind, dass UK ein „Safety Island“ ist, konnten erfahren, dass dies im Bereich Temporäre Bauten

und deren Regulierung nicht den Tatsachen entspricht. Die zuständige staatliche Arbeitsschutzbehörde HSE hat weder Inspektoren aus unserer Branche, noch findet eine Kontrolle durch Kommunen statt. Daher werden bei Kontrollen nur Arbeitsmethoden überprüft, jedoch nicht die Bauten. Dies führt dazu, dass unsere Branche in UK als „low risk“ anerkannt ist, da ja offenbar keine Gefahren vorhanden seien. Zusätzlich reagiert die HSE auf dringende Anrufe kaum. Von den 20.000 Ingenieuren in UK sind nur 17 in der Lage, unsere Bauten zu prüfen, und davon sind acht bereits in der Branche tätig. Sanjin Corovic von Production Pool aus Serbien hostete das Panel 2 zu Welfare for Workers. Nach dem letztjährigen Thema psychische Gesundheit wurden nun handfestere Themen besprochen.

So führen schlechte Ernährung und Zeitdruck zu negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und zur Abnahme körperlicher Leistungsfähigkeit. Ebenso wurde festgestellt, dass sich die Mitarbeiter (und Veranstalter) an die vorgesehenen Arbeitszeiten zu halten haben, auch wenn das oft eine Budgetfrage ist. Gleiches gilt für die Bedingungen auf Festivals, bei denen die Probleme oft bei den Unterkünften, der Doppelbelegung von Zimmern, Nightlinern vor Ort, dem Schlafen in Zelten, dem Wetterschutz und dem zweifelhaften Zustand der sanitären Einrichtungen bestehen. Andere aktuelle Sorgen bereitet der Personalmangel bei Security-Personal in UK, hervorgerufen durch scharfe Kontrollen, Mindestlohn, schlechte Arbeitsbedingungen und die Sub Unternehmerketten. Problematisch sind auch die immer engeren Zeitpläne von Venues und Tourneen. Dazu passen die Gespräche in einer Kurz-Session, bei der die immer größeren Produktionen in höherer Intensität kritisch gesehen werden: Hier sind nur noch vier bis sechs Stunden Schlaf mittlerweile normal. Kunden und Agenten sind gefragt wenn es um besseres Routing geht – ebenso wie die Produktionsdesigner bezüglich des kritischen Hinterfragens ihrer Anforderungen. Oft werden Produktionsmanager zu spät beauftragt, nachdem das Kreativteam bereits zu hohe Anforderungen gestellt hat. Zitat: „So viele kompetente Dienstleister, gibt es kompetente Kunden?“ Production Manager Chris Vaughn gibt zu bedenken, dass wir selber schuld seien, da wir immer ja sagten, auch bei zu wenig Offdays. Ihm fällt auf, dass viele Kollegen von früher aktuell mit Mitte 50 sterben. So sei bereits ein Drittel der Kollegen einer früheren Tour verstorben. Die Sorgen der Venues kamen in Panel 3 zur Sprache. Diese betrafen größer werdende Produktionen, die mehr Zeit benötigen und dadurch die Zeit zum Hallenumbau verkürzen. Erschwerend kommen Infos und Änderungen immer kurzfristiger. Ein gegenseitiges Verständnis zwischen allen Beteiligten ist erforderlich. Über Angebot und Nachfrage wurde schließlich in Panel 4 gesprochen, bzw. auch häufig betreten geschwiegen.

Allen Anwesenden gemeinsam war die Klage über großen Personalmangel. Die osteuropäischen Kollegen wiederum berichteten über die Abwanderung ihres Personals nach Westen, weswegen sie wiederum Arbeiter aus dem Osten anwerben müssten. Zahl des Tages: 27.000, die Zahl der polnischen LKW-Fahrer in UK, die die LKW dort bis zum Brexit am Laufen halten. TransAm Trucking bildet mittlerweile Fahrer aus und kann dennoch nicht den Bedarf decken. Auch hier schlagen die immer größer werdenden, häufigeren Produktionen zu Buche und lassen den Personalbedarf ständig steigen. Zitat: „Am Ende der Saison werden alle Shows stattgefunden haben, doch es wird viele müde Menschen geben.“ Hier kamen auch die Forderungen nach höheren Entgelten auf, obwohl anerkannt wurde, dass die Promoter ihrerseits Druck durch die Künstler bekommen. Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Sorgen, Nöte und Herausforderungen in allen Ländern ähnlich sind und es umso wichtiger ist, sich regelmäßig mit Kollegen aus anderen Ländern zu treffen und auszutauschen.

Autor: Falco Zanini

Erschienen im VPLT Magazin 3/18

ILMC: www.ilmc.com

Kategorien: Social