Funkmikrofone als Verlierer der Weltfunkkonferenz 2019?

Es droht eine „Digitale Dividende 3“

Die Initiative „SOS – Save Our Spectrum“ setzt sich dafür ein, dass ausreichend Frequenzen zum Einsatz von drahtlosen Produktionsmitteln zur Verfügung stehen. Doch das ist in Gefahr. Weshalb? Jedes Funkmikrofon – und jedes andere drahtlose Produktionsmittel – benötigt eine eigene Frequenz, auch Funkstrecke genannt. Bei vielen Veranstaltungen werden gleichzeitig mehrere Funkstrecken benötigt. Sie dürfen nicht unterbrochen oder gestört werden, sonst ist ein Knacken oder Rauschen zu hören. Frequenzen gibt es leider nicht im Überfluss. Sie sind physikalisch limitiert. Deshalb gibt es einen „Kampf“ um die besten Plätze auf dem Frequenzband. Das ist wie im Theater: Jeder will lieber vorne sitzen als im 2. Rang. Wie im Theater kann auch im Funkspektrum jeder Platz pro „Vorstellung“ nur einmal vergeben werden. Verwenden mehrere Nutzer zur selben Zeit am selben Ort dieselbe Frequenz, stören sie sich gegenseitig. Deshalb muss geregelt werden, wer wann und wo welche Frequenzen nutzen darf und was passiert, wenn es zu Störungen kommt.

Internationale Vereinbarungen über Frequenzen

Da Frequenzen nicht an nationalen Grenzen haltmachen, wird ihre Verteilung von der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) geregelt. Die Entscheidungen und Anpassungen fallen in den Weltfunkkonferenzen (WRC). Internationale Vereinbarungen werden in den einzelnen Staaten in nationales Recht umgesetzt. In Deutschland geschieht das durch die Frequenzverordnung der Bundesregierung. Für die Regulierung und Überwachung von Frequenzen ist die Bundesnetzagentur (BNetzA) zuständig. Gegenwärtig ist eine Reihe von Frequenzbereichen für die Nutzung durch drahtlose Produktionsmittel freigegeben. Betrachtet man die einzelnen Bereiche, zeigen sich jedoch erhebliche Einschränkungen. So sind einige Bereiche Primärnutzern zugewiesen, neben denen ein störungsfreier Betrieb drahtloser Mikrofone nicht sichergestellt werden kann. Für gewisse Frequenzbereiche werden mittlerweile keine drahtlosen Produktionsgeräte mehr hergestellt. Auch bei anderen Bereichen gibt es Probleme.

Der Mobilfunk will noch mehr Frequenzen

Wenn Nutzer neue drahtlose Produktionsmittel anschaffen, brauchen sie die Gewissheit, dass sie diese auch über einen längeren Zeitraum einsetzen können, damit sich ihre Investition amortisiert. Das Vertrauen darauf wurde in den vergangenen Jahren erschüttert: Im Zuge der Versteigerung des 800-MHz-Bandes („Digitale Dividende 1“) an den Mobilfunk wurde auf das 700-MHz-Band als Alternative verwiesen. Nachdem viele Nutzer in neues Equipment investiert hatten, wurde nur fünf Jahre später auch dieses Band an den Mobilfunk versteigert („Digitale Dividende 2“) und muss nun bis Ende 2019 geräumt werden. Vertreter des Mobilfunks prüfen derweil, wie sie bei der nächsten Weltfunkkonferenz erreichen können, dass auch das 600-MHz-Band (614 – 694 MHz) für den Mobilfunk geöffnet wird („Digitale Dividende 3“). Die Nutzer drahtloser Produktionsmittel könnten ihr erst kürzlich erneuertes Equipment nicht mehr einsetzen und müssten schon wieder in neue Geräte investieren.
Eine „Digitale Dividende 3“ wäre für die Veranstaltungsbranche eine Katastrophe. Im Interesse der Hersteller und Nutzer drahtloser Produktionsmittel müsste Ersatzspektrum zugewiesen werden.
Doch das „gute“ Spektrum im bewährten UHFBand stünde dann nicht mehr zur Verfügung. Zudem sollte das Ersatzspektrum mindestens in allen europäischen Staaten zur Verfügung stehen. Nur so ist gewährleistet, dass Anwender ihre Geräte an allen Veranstaltungsorten einsetzen können. Ein internationaler Absatzmarkt ist außerdem Voraussetzung dafür, dass sich die kostenintensive Entwicklung und Produktion neuer Funkmikrofone und -empfänger für die Hersteller lohnt und die Geräte für die Anwender bezahlbar bleiben.

Autor: Dr. Jochen Zenthöfer
Dieser Beitrag ist im VPLT Magazin 4/18 erschienen

 

Haben Funkmikrofone noch eine Zukunft? Roundtable zum notwendigen nationalen und internationalen Engagement vor und während der Weltfunkkonferenz 2019

Rahmenveranstaltung: Prolight + Sound 2019
Messe Frankfurt, Networking Areal der Halle 4.1
Donnerstag 4. April 2019, 14 –16 Uhr
Danach ein „Come together“
bis ca. 17:30 Uhr

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