Für den Beruf muss man geboren sein

Xenia Bethke erzählt, warum sie sich für den Beruf der Veranstaltungstechnikerin entschieden hat. Nach ihrem Abitur hat die 25-jährige ein freiwilliges soziales Jahr und ein Studium an der Akademie Deutsche POP absolviert. Inzwischen ist sie im zweiten Lehrjahr beim NDR.

Xenia Bethke

Wie bist du zur Veranstaltungstechnik gekommen?

Ich war schon immer musikalisch und das Studium vor meiner Ausbildung ging auch eher in die Richtung, aber das Technische hat mich mehr interessiert. Ich bin ein Mensch, der machen muss und nicht immer nur am Schreibtisch sitzen will. Ich wusste schon immer, dass ein theoretisches Studium nicht so mein Ding ist. Ich bin eher praktisch veranlagt und verstehe Dinge, wenn ich sie tatsächlich tue. Außerdem haben mich Mischpulte immer schon interessiert – so rein vom Optischen. Ich habe davon geträumt, sie bedienen zu können, mich aber nie dran getraut. Mir fehlte das Hintergrundwissen. Während des Studiums bekam ich kleine Einblicke in Studios und wie Mischpulte aufgebaut sind. Was dahintersteckt, hat mich sehr fasziniert. Warum funktioniert das jetzt eigentlich? Das gleiche gilt für Verkabelungen: Was ist in den Steckern drin, wie funktionieren sie? Deswegen wollte ich tiefer in die Materie einsteigen und habe mich für die Ausbildung zur Veranstaltungstechnikerin entschieden. Inzwischen bin ich im zweiten Lehrjahr beim NDR und würde dort auch gerne bleiben.

Was interessiert dich in der Ausbildung am meisten?

Ich bin definitiv eher der Tonmensch. Das ist auch der Bereich, in dem ich später arbeiten will.

Das Tourenleben ist also nicht so deine Motivation gewesen?

Doch, ich habe mich auch bei kleineren Firmen beworben, ein Praktikum bzw. einen 450-Euro- Job gemacht und bin auf vielen Konzerten dabei gewesen. Damals war ich sehr viel unterwegs. Beim NDR ist das etwas anders: Ich bin auch hier unterwegs, aber es sind keine Rock ’n‘ Roll-Produktionen. Stattdessen ist es viel Orchestermusik, was ich auch sehr schön finde. Wenn ich höre, was die anderen von ihren Jobs erzählen, klingt das spannend, aber ich würde gerade nicht tauschen wollen.

Hast du dich auch bei anderen Unternehmen beworben?

Als ich die Entscheidung für die Ausbildung zur Veranstaltungstechnikerin getroffen habe, habe ich mich viel beworben. Auch bei kleinen Unternehmen: zehn bis fünfzehn Bewerbungen habe ich geschrieben und bin dann auch bei einigen zu Gesprächen und zum Probearbeiten eingeladen worden.

Hättest du auch andere Stellen bekommen?

Ja, eine weitere Ausbildungsstelle hatte ich bereits zugesagt bekommen, mich dann aber für den NDR entschieden.

Häufig wird erzählt, dass es viele freie Stellen gibt und es für Unternehmen nicht ganz einfach ist, Auszubildendezu finden – qualifizierte, motivierte Leute. Wie sind deine Erfahrungen?

Es ist ein Job, den nicht jeder machen kann. Ein Grund ist, dass er körperlich sehr anstrengend ist. Ich sehe in der Berufsschule viele, die aufgeben und sich doch für ein Studium entscheiden. Mir scheint es, als sei Veranstaltungstechnikerin ein Beruf, für den man geboren sein muss. Wer aber von Anfang an weiß, das ist mein Ding, wird bestimmt sehr glücklich. Wer aber denkt, es ist schon anstrengend, aber ich gucke trotzdem mal, ob das geht, ist vermutlich nicht richtig in der Branche. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Hälfte der Klasse durchgewechselt wurde, weil ständig welche aufgegeben haben: Und das sind keine Frauen. In unserem Jahrgang sind 60 Auszubildende und drei davon sind weiblich – die halten bisher alle durch.

Was meinst du, warum so viele abbrechen?

Ich habe gehört, dass die Ausbildung nicht den Erwartungen entsprochen hat. Die Erwartung war, dass man von Anfang an mehr selbst tun kann. Aber im ersten und im zweiten Lehrjahr ist das meistens nicht so, da ist man eher diejenige, die verkabelt oder kleinere Aufgaben macht und noch nicht am Pult sitzt. Bis das passiert, dauert es Jahre. Letztendlich war es wohl enttäuschend, dass es eine sehr körperlich belastende Arbeit ist, aber wenig eigenständig getan werden kann. Natürlich weiß ich nicht näher, wie es in den Ausbildungsbetrieben aussah … Ich kann das für mich aber nicht bestätigen, denn ich werde viel mit einbezogen und kann überall dabei sein.

Kannst du dir jetzt vorstellen, diesen Beruf die nächsten 20 bis 30 Jahre zu machen?

Auf jeden Fall. Ich fühle mich sehr wohl – gerade beim NDR. Ich bin jedes Mal wieder glücklich, wenn ich auf einer Produktion bin und richtig traurig, wenn sie vorbei ist. Für mich ist das etwas Besonderes – auch das halbe Jahr im „Rock ’n‘ Roll“-Bereich war toll. Es ist ein ganz anderes Leben. Auf einer Produktion gibt es dieses Familiengefühl und dann erscheint mir das gar nicht als „Arbeit“, sondern als etwas, das ich auch in meiner Freizeit tun würde. Daher bezeichne ich das für mich auch nicht als Arbeit, sondern als einen Beruf, der großen Spaß macht.

Hast du das Gefühl, dass du in der Berufsschule die Sachen lernst, die du tatsächlich brauchst?

Ja, gerade Veranstaltungstechnik ist sehr breit gefächert – von Ton, über Beschallung, Licht, Video und Bühne. In meiner Klasse habe ich sehr viele, die mit Ton überhaupt nichts zu tun haben und in ihrem Betrieb nur Licht und Bühne machen. Die lernen das andere nur theoretisch, weil sie das in der Praxis nie machen – praktisch haben sie keine Chance, das Gelernte umzusetzen, weil ihre Firmen nur auf Licht und Bühne spezialisiert ist. Da habe ich Glück gehabt, dass ich in meiner Ausbildung praktisch alles Gelernte umsetzen kann.

Wie glaubst du, wird sich der Berufsbereich in der Zukunft verändern? Meinst du, dass das was momentan gelehrt wird, das ist, mit dem du die nächsten Jahre arbeiten kannst?

Ein paar Jahre schon, aber auch nicht mehr. Der NDR bildet sehr zukunftsorientiert aus: Netzwerk und IT, das ist die Richtung, in die es gehen wird. Bei uns wird sehr drauf geachtet, dass wir das lernen. In der Berufsschule aber eher nicht – beispielsweise beim Licht. Irgendwann wird es vermutlich nur noch LED-Technik geben. Wir lernen viel über Glühlampen und den Umgang mit Glühlampen, was jetzt natürlich auch noch sein muss, aber ich weiß nicht, wie schnell sich das verändern wird. Ich vermute schon, dass das, was wir jetzt lernen, spätestens in zehn Jahren nicht mehr anwendbar sein wird, weil es keine Glühlampen mehr geben wird. Das gleiche gilt für analoge Mischpulte, zukünftig wird das wohl alles digitalisiert werden. Ob es dann das Berufsfeld überhaupt noch in dieser Form geben wird oder ob es eher in Richtung eines IT-Studiums gehen wird, ist dann die Frage.

Text und Bild: Caroline Momma

Kategorien: VPLT Magazin